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(Koch)Kulturen erleben

Seit vielen Jahrzehnten macht Afghanistan fast nur durch Krieg, Zerstörung und Unterdrückung Schlagzeilen. Und die kürzliche Machtübernahme der Taliban lässt für das gesellschaftliche Leben (vor allem der Frauen) nichts Gutes erwarten. Dabei verfügt das multiethnische Land – bedingt durch seine Lage an der Seidenstraße – über ein reiches kulturelles Erbe. Auch die Kochtradition ist von Einflüssen diverser Länderküchen geprägt. Sie vereint in sich u. a. Elemente der indischen, persischen und türkischen Küche. Dabei ist sie einfach, bodenständig und würzig, sodass die Rezepte auch hierzulande leicht nachzukochen sind. Imraan Safi präsentiert in „Salam“ 60 Rezepte, die von erläuternden Texten und wunderschönen Fotos ergänzt werden. Diese bringen den Lesenden nicht nur die Kulinarik, sondern auch das Leben der Menschen dort nahe.

 


Gibt es irgendeine Länderküche, die man in New York nicht findet? Das darf man stark bezweifeln. Kaum eine andere Stadt ist so sehr von Migration geprägt wie die Metropole, in der über 150 Ethnien zu Hause sind – 120 davon allein in Queens. Eine der besten Adressen, um sich mit der Vielfalt an Länderküchen vertraut zu machen, ist der „Queens Night Market“. Er verbindet den Anspruch erschwingliches Essen und kulturellen Austausch zu fördern. So präsentieren sich hier Samstag abends 300 Stände aus aller Welt, untermalt von bunten kulturellen Aktivitäten. Das schön bebilderte Kochbuch „New York“ beinhaltet 88 der besten Rezepte von dort, z. B. Injera mit roten Linsen, Kimchi-Pfannkuchen oder „Schwiegersohn-Eier“, Bei der Genussreise voller neuer Eindrücke beleuchtet es zudem in 50 Geschichten das Leben der VerkäuferInnen/KöchInnen und ihre kulturellen Hintergründe.
 

Imraan Safi, Arina Meschanova, Vjacheslav Shishlov: Salam, Christian Verlag 2021, 224 S., 29,90 EUR

John Wang, Storm Garner: New York. 88 neue Kultrezepte aus über 40 Ländern, Christian Verlag 2021, 272 S., 26,99 EUR

 

 

Schnüss Stadtmagaziin Bonn 12/2021

Kalendertipp: Der blaue Planet im Klimawandel



Ein Kalender zum Thema Klima – ist da nicht der Frust beim wöchentlichen Umblättern des Kalenderblattes vorprogrammiert? Nein, meint Professor Professor Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ehrenpräsident des Club of Rome. Er lobt den neuen „Klima Kalender 2021“ ausdrücklich: „Jede Woche neu nachdenken: das schafft der Klima Kalender. Ich wünsche mir Tausende nachdenkender Menschen und Millionen, die so handeln, dass unsere zauberhafte Erde erhalten bleibt“.

Der Herausgeber Hermann Vinke möchte mit den 53 Wochenblättern des großformatigen, schön gestalteten Wandkalenders die Menschen dazu bewegen, sich für die Zukunft des Planeten Erde stark zu machen. Denn trotz der Entfremdung von der Natur und der hemmungslosen Ausbeutung von Ressourcen gibt es Chancen auf ein Umdenken: So zeigt der Kalender gleichzeitig die Schönheit und die Verletzlichkeit unseres blauen Planeten auf. Mit beeindruckenden Bildern und gut lesbaren, informativen Texten macht er Mut, sich für eine Welt, einzusetzen, in der die Menschheit dafür sorgt, dass die Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen erhalten bleiben. Er zeigt auf, dass nicht nur die große Politik, sondern das Handeln jedes Einzelnen zählt. Für diejenigen, die mehr darüber wissen wollen, wie sie aktiv werden können, bietet der Kalender zudem eine Übersicht an Initiativen und Forschungsprojekten zum Thema Klimawandel.

 

Hermann Vinke: Der Klima Kalender 2021. Unser blauer Planet –
Schönheit und Gefahren, editon momente 2020, 60 Blätter / 53 farb. Fotos
32,5 × 24 cm, 22 EUR,  ISBN
978-3-0360-8021-5


Hallo Bonn.info 12/2020

Mehr Lebensqualität bei Angst, Schmerz und Trauma

Ständige Schmerzen im Rücken oder im Knie, Ängste, die einem den Schlaf rauben oder gar ein erlittenes Trauma – viele Menschen wissen nur zu gut, wie sehr Körper und Seele darunter leiden. Man fühlt sich nicht mehr wie man selbst, auch kleine alltägliche Dinge fallen schwer. Es ist nicht leicht, sich unter solchen Umständen Lebensqualität zu erhalten oder zurückzuerobern. Dementsprechend verwundert es nicht, dass Trauma, Schmerz und Angst die drei Hauptthemen sind, mit denen Psychotherapeuten in ihrer täglichen Praxis konfrontiert sind.
Dass man aber auch ohne Therapie (oder in Ergänzung dazu) selbst etwas tun kann, um damit einen Umgang zu finden, zeigen die drei neuen Graphic Novels, die aktuell beim Carl Auer Verlag, einem Fachverlag für Psychotherapie und Psychiatrie erschienen sind. In den drei Titeln „Schmerz/Angst/Trauma ist strange“ kommt ein Fachmann zu Wort, nämlich der Körpertherapeut
Steve Haines, der seit über 25 Jahren international in der Praxis und als Fortbilder im Gesundheitswesen tätig ist. Dennoch handelt es sich nicht um ein trockenes Lehrbuch für Therapeuten.
Vielmehr richten sich die drei schmalen Comicbände ganz ausdrücklich an Betroffene und Interessierte. Haines möchte ihnen damit sein wissenschaftliches Verständnis von Trauma, Schmerz und Angststörungen vermitteln, das seine Herangehensweise an Heilung maßgeblich verändert hat: Er richtet ganz bewusst den Blick auf den Körper und zeigt, wie therapeutische Anwendung von Körperbewusstsein, sanfte Berührungen und das Wissen über die damit verbundenen physiologischen Vorgänge in Gehirn und Körper zu einer Gesundung beitragen können. Dabei erläutert Haines nicht nur,
was bei Angst, Schmerz und Trauma seelisch und physiologisch genau passiert. Darüber hinaus zeigt er auch, wie man dunkle Gedanken und Gefühle vertreibt und Körper, Verstand und Emotionen überlistet, um sich wieder „ganz“ zu fühlen.
So erfahren wir z.B. im Band „Schmerz“,  wie man die
 Gewohnheiten der Psyche und des Körpers beeinflusst, um den Schmerz in etwas zu verwandeln, mit dem man umgehen kann. Im Band „Angst“ erhalten wir Tipps, um Angstsymptome zu lindern und gewohnte Reaktionsweisen zu verändern  und im Band „Trauma“ erfahren wir, wie man Spannungen abbaut und tiefe muskuläre Stressmuster löst.
Dass man damit keine Gesundung über Nacht erzielt, versteht sich von selbst. Doch die drei von Sophie Standing schön illustrierten Graphic Novels bieten mit dem vermittelten Wissen und den vorgestellten Methoden/Übungen eine gute Basis, um mit Ausdauer und Geduld ein neues Lebensgefühl zu erlangen.
Wer mehr über die Themen wissen will, findet zudem Hinweise auf weiterführende Literatur.

 

Steve Haines u. Sophie Standing (Illustration): Schmerz ist ziemlich strange / Trauma ist ziemlich strange / Angst ist ziemlich strange, Carl Auer Verlag 2019, jeweils 32 S. Einzelpreis 14,95 EUR, 3 Bände zusammen 39,95 EUR: ISBN 978-3-8497-0295-3

Neues Deutschland 2019

Ausgeglichener Leben

Autor Matthew Johnstone weiß, wovon er redet. Schließlich war er früher ein erfolgsbesessener Art Director, dessen stressiges Leben ihn frühzeitig ergrauen ließ. Doch nicht nur seine Haarpracht litt unter dem von Erfolgsdruck geprägten Lebensstil, sondern auch sein restlicher Körper und die Psyche. Mittlerweile hat er sein Leben komplett umgekrempelt und verfasst Ratgeber-Literatur. Nach Depression und Resilienz widmet er sich in seinem jüngsten Buch dem Umgang mit Stress. Dabei stand ihm der Psychologe Dr. Michael Player zur Seite, zu dessen zentralen Therapieansätzen Stressreduktion gehört.
Beiden geht es in ihrem einfühlsam geschriebenen und humorvoll illustrierten Buch keineswegs darum, Stress ganz aus unserem Leben zu verbannen. Bekanntermaßen gehört der Stress zum Menschsein dazu – doch ebenso bekannt ist, dass zu viel davon Angst erzeugen und krank machen kann.
Doch wie komme ich von dieser grundsätzlichen Erkenntnis zu einem stressärmeren Leben? Bereits krankmachende Stressfaktoren im Alltag zu erkennen ist gar nicht so leicht, geschweige denn zu lernen, damit umzugehen.
Die ebenso kompetenten wie leicht verständlichen Texte können tatsächlich dabei helfen, mit Stress richtig umzugehen und ihm so seinen krankmachenden Stachel zu nehmen. Johnstone und Player erklären persönlich und einfühlsam, wie man negative Denkmuster erkennt und wie man sich daraus befreien kann. Dazu stellen sie unkomplizierte Entspannungsmethoden vor und zeigen auf, wie Ernährung, ein besserer Umgang mit Zeit und mit unserem Körper sich positiv auf das persönliche Stresslevel auswirkt. Im Gegensatz zu vielen anderen Ratgebern macht dieses Buch viel Spaß bei der Lektüre und bietet eine gute Basis, schrittweise einen eigenen Weg zum Umgang mit Stress zu finden.


 

Matthew Johnstone: Kein Stress!, Kunstmann Verlag 2019, ISBN 978-3-95614-328-1, 208 S., 18,00 EUR

HalloBonn.info 2020

Der afrikanische Kontinent ist bei Kochbüchern und Restaurants hierzulande immer noch relativ unterrepräsentiert. Dabei ist sind die Länderküchen des Kontinents ebenso vielfältig wie die Kulturen und Sprachen dort. Dorah Sitole stellt in ihrem sehr schön gestalteten Kochbuch „So kocht Afrika“ 160 Rezepte von Kairo bis Kapstadt vor. Okras in Erdnusssoße, Rehkeule, Kokosauberginen oder Barrakuda mit Gemüsebällchen machen Appetit und zeugen von ebenso unterschiedlichen wie spannenden Kochtraditionen. Abgerundet wird das Ganze von Länderinfos und einem Glossar der exotischen Zutaten.

Dorah Sitole: So kocht Afrika, Christian Verlag 2019, 168 S., 19,99 EUR, ISBN: 9783959613361

Veröffentlicht in: Schnüss Stadtmagazin  Dezember 2019

Für Esser und Köche

Fett, Salz, Säure, Hitze. Hinter den vier Schlagworten vermutet wohl kaum jemand ein formidables Buch übers Essen und Kochen. Doch bevor man den neuen Titel aus dem Kunstmann-Verlag wieder weglegt, sollte man genauer hinschauen: Zum einen weil das liebevoll illustrierte Cover ein ebenso schön gestaltetes Innenleben vermuten lässt, zum anderen, weil es sich um ein ganz besonderes Buch einer ebenso speziellen Autorin handelt. So hat zwar Samin Nosrat im berühmten »Chez Panisse« von Alice Waters Kochen gelernt und internationalen Ruhm erlangt, dennoch leitet sie selbst kein eigenes Restaurant. Vielmehr kocht die Literaturwissenschaftlerin bei besonderen Anlässen in Waters‘ Team und arbeitet sonst als Kochlehrerin, Food-Kolumnistin der New York Times, Bloggerin und Buchautorin.

An ihrem Buch „Fett, Salz, Säure, Hitze“ besticht am meisten, dass sie uns an ihrer großen Leidenschaft, dem Kochen, teilhaben lässt, und es ihr dabei um das „Warum“ anstatt um das „Wie“ geht. Während andere Bücher erklären, wie man Speisen zubereitet, widmet sie sich mehr dem Grund, warum man etwas auf welchem Weg zum besten Geschmack bringt. – Und da kann es tatsächlich auch mal naturwissenschaftlich werden. So etwa, wenn sie erläutert, dass man Gemüse in der Pfanne, wie Auberginen und Zucchini, besser erst anbrät und dann salzt, wenn man eine schöne braune Kruste haben will: Das Salz würde die Osmose des Wassers aus den Zellkernen befördern, was das Gemüse zwar weich macht, aber kein Röstaroma bringt.

Das Buch wimmelt geradezu von Informationen und ist sehr unterhaltsam, da man auf jeder Seite die Faszination der Autorin für das Kochen spürt. So freut man sich an den Vorschlägen der Kalifornierin mit persischen Wurzeln, die erreichen will, dass jeder seine eigene Traumküche erfindet. Für den Weg dorthin hat sie auch gesorgt, indem sie dem Leser einige ihrer Rezepte an die Hand gibt.


Samin Nosrat u. Wendy MacNaughton (Illustrationen): Salz. Fett. Säure. Hitze,    Kunstmann 2018, 472 S., 36 EUR


Schnüss Stadtmagazin 12/2018

Starke Abwehr

Viele Krankheiten unserer Zeit, so etwa Rheuma, Arthritis oder auch Alzheimer, sind mit entzündlichen Prozessen im Körper verbunden. Doch während kurzzeitige Entzündungen, so etwa ein geschwollener Fuß bei einer Verstauchung, als Schutzmechanismus des Körpers zur Heilung beitragen, sind die chronischen Entzündungsherde Ursache vieler ernster Beschwerden. Man kann aber Symptome lindern oder sogar den Krankheitsverlauf verbessern, wenn man bei der Ernährung darauf achtet, die Entzündungen nicht durch Lebensmittel wie Zucker, Weizen oder Schweinefleisch unbewusst weiter zu befeuern.

Vielmehr sollte man den Speiseplan mehr in Richtung antientzündlicher Lebensmittel ausrichten: Gemüse wie Brokkoli, Spinat und Rote Bete, Obstsorten wie Heidel- und Johannisbeeren, Pflanzenöle mit Omega-3-Fettsäuren oder Kaltwasserfische wie Lachs tragen viel dazu bei, das eigene Immunsystem zu stärken. Tipps, wie eine solche Ernährungsweise aussehen kann, geben die Ernährungsexperten Martin Kreutzer und Anne Larsen in ihrem neuen »Anti-Entzündungs-Kochbuch«.

Hier finden sich neben anschaulichen Erklärungen dazu, was Entzündungen im Körper bewirken und welche Lebensmittel dagegen helfen, gesunde und leckere Rezepte für alle Mahlzeiten sowie für Snacks. Dazu gibt es eine Positivliste der Top-25-Lebensmittel, die man häufig zu sich nehmen sollte, sowie eine Negativliste der Top 5, auf die man besser verzichtet. So erhält der Leser wertvolle Anregungen, wie durch Zutaten wie Walnüsse, Ingwer oder Blaubeeren etwas für die Gesundheit getan werden kann, ohne auf Genuss zu verzichten.

 

Martin Kreutzer und Anne Larsen: Das Anti-Entzündungs-Kochbuch. Mit der richtigen Ernährung heimliche Entzündungen bekämpfen. Riva 2018, 96 S., 9,99 EUR.

Erschienen im Neuen Deutschland, April 2018

Ratgeber für Frauen in jedem Alter

 

Es gibt Bücher, die sollte man einfach im Schrank oder Regal haben. Eines davon ist „Frauenkörper – Frauenweisheit“. Bereits vor mehr 20 Jahren hat Dr. Christiane Northrup den Titel in den USA veröffentlicht, wo er sich rasch als Besteller etablierte und die renommierte Gynäkologin zum Dauergast in Talkshows werden ließ. Auch international wurde der Titel schnell zum gefragten Ratgeber in Sachen Frauengesundheit. Nun liegt eine komplett aktualisierte und erweiterte deutschsprachige Neuauflage vor. – Und es lohnt sich, einen Blick hineinzuwerfen, auch wenn ein 780 Seiten starker Wälzer auf den ersten Blick ein wenig einschüchternd wirkt. Doch ihn nicht zu lesen, wäre mehr als schade, denn Northrup ist nicht nur eine Koryphäe, was den aktuellen Stand gynäkologischer Forschung und Praxis anbelangt, sondern auch Verfechterin eines ganzheitlichen Ansatzes, mit dem sie Frauen bestärkt und zu mehr Selbstbestimmung über ihren Körper verhilft.


So möchte sie mit ihren Büchern dazu beitragen, ein Gefühl für sich selbst und das eigene Wohlbefinden zu entwickeln und so Selbstheilungskräfte zu aktivieren. Schließlich hat Northrup in jahrzehntelanger Erfahrung als Ärztin, u.a. in ihrem Zentrum für Frauengesundheit „Women for Women“, festgestellt, dass die Lebensumstände und die Geschichte jeder Frau in engem Zusammenhang zu ihrer gynäkologischen Störungen stehen. Dementsprechend verbindet sie konventionelle medizinische Ansätze ganz selbstverständlich mit alternativen Therapien und erklärt, wie eng seelische Belastungen mit körperlichen Beschwerden verbunden sind. Dabei zeigt sie unterschiedliche Möglichkeiten auf, ganz individuelle Lösungen für gynäkologische Probleme zu entwickeln.


Im ersten Teil des Buches legt sie sehr viel Wert auf die Psyche und das, was sie als spezifisch weibliche Intelligenz darstellt. Wer ihr bei diesen kulturphilosophischen, leicht esoterisch angehauchten Ansätzen nicht folgen mag, kann sich ganz auf den zweiten Teil des Buches konzentrieren. Darin vermittelt sie sehr verständlich und kompetent fundamentales Wissen über dem weiblichen Körper. So widmet sie sich in einzelnen ausführlichen Kapiteln der Brust sowie den anderen weiblichen Geschlechtsorganen und geht gesondert ein auf die wichtigen Zäsuren in einem Frauenleben, von Menstruation über Schwangerschaft und Geburt bis hin zu den Wechseljahren. Im dritten Teil zeigt sie Schritte für ein persönliches Selbstheilungsprogramm und erläutert, wie man medizinische Behandlungen optimal nutzen kann. Zudem gibt sie Anregungen in Sachen Ernährung und Bewegung, wobei es ihr nicht um Diäten oder Fitnessprogramme geht. Kein erhobener Zeigefinger also – sondern mitfühlende, sympathische und bestärkende Ratschläge von Frau zu Frau.

Neues Deutschland, 5.10.2017

Dr. med. Christiane Northrup
: Frauenkörper – Frauenweisheit. Wie Frauen ihre ursprüngliche Fähigkeit zur Selbstheilung wiederentdecken können, ZS Verlag 2017,  780 S. 29,80 EUR

 Handbuch zur Architektur der Zuflucht

 

Bei einer großen Anzahl schutzsuchender Menschen, die dringend ein Dach über dem Kopf brauchen, ist schnelles Handeln gefragt. So blieb 2015, als ca. 890 000 Flüchtlinge, vor allem aus Syrien, in die Bundesrepublik kamen, für strategisches Handeln keine Zeit. Doch mittlerweile ist klar, dass man Aktionismus durch staatliche Programme ersetzen muss, um den Geflüchteten dauerhaft eine menschenwürdige Unterkunft zu geben. Vor allem in den Ballungsräumen machte dies das ohnehin bestehende Problem der Wohnungsknappheit deutlich sichtbar. Lange Zeit ignoriert, sind Lösungen dringend notwendig: bezahlbarer Wohnraum für alle! Aber wie schafft man das?

 

Antworten darauf liefert dieses Handbuch, das zur Versachlichung der Flüchtlingsdebatte beitragen und zugleich positive Impulse für den Wohnungsbau setzen will. Die Publikation fordert unkonventionelle Ideen, Innovationswillen und Pragmatismus bei Neubau, Umnutzung und Sanierung. Das Credo der Autoren lautet: Brauchbarer und dauerhaft guter Wohnungsbau muss nicht neu erfunden werden - man muss lediglich vorhandenes Wissen und Erfahrungen bündeln und umsetzen.

 

In erster Linie wendet sich das Handbuch an Architekten, Projektentwickler sowie Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, die sich mit dem Bau und Betrieb von Unterkünften für Flüchtlinge auseinandersetzen. Gleichwohl ist die Lektüre aber auch städtebaulich bzw. gesellschaftspolitisch interessierten Laien zu empfehlen. Geschichtliche, wirtschaftliche und politische Zusammenhänge werden darin ebenso kundig erläutert, wie erprobte und innovative Gebäudeformen vorgestellt. Ergänzt wird das Ganze durch Beispiele aus Flüchtlingsprojekten sowie aus dem sozialen Wohnungsbau oder der Bestandsanierung. Besonders positiv sticht hervor, dass hier nicht nur Architekten, Stadtplaner, Juristen, Soziologen zu Wort kommen, sondern auch Flüchtlinge selbst mit Beiträgen vertreten sind.

 

Es bleibt zu hoffen, dass viele Entscheider in der Politik, aber insbesondere auch in den kommunalen Baubehörden angeregt werden, neue Wege zum Nutzen und Wohle aller, der Alt- und Neubürger der Bundesrepublik zu gehen.

 

Lore Mühlbauer/Yasser Shretah (Hg.): Flüchtlingsbauten. Architektur der Zuflucht: Von der Notunterkunft zum kostengünstigen sozialen Wohnungsbau. DOM Publishers. 304 S., geb, 78 €.

Neues Deutschland 18.08.2017

Geheime Gärtner

Nun ja, Regenwürmer. Selbst als Hobbygärtner vermutet man kaum, dass sich hinter den glitschigen Tieren ein spannendes Thema verbirgt. Natürlich wissen Gartenbesitzer, dass sie Nützlinge sind und versuchen, sie nicht mit Spaten oder Hacke aufzupieksen. Damit hat es sich dann auch eigentlich schon mit unserer Beziehung zum Wurm. Doch Würmer leisten bei ihrer stillen Bodenarbeit im dunklen Erdreich geradezu Unglaubliches: Auf einem einzigen Hektar leben ca. zwei Millionen von ihnen, die die Erde durchkauen, ausscheiden und sie mit wichtigen Nährstoffen anreichern.

 

Die amerikanische Autorin Amy Stewart ist durch die Anschaffung eines Wurmkompostierers auf den Wurm gekommen. Dessen einfaches Prinzip – Gemüseabfälle rein, nährstoffreicher Humus raus – faszinierte sie so sehr, dass sie zu recherchieren begann. Ebenso wie ihr erging es bereits Charles Darwin. Er beschäftigte sich Jahrzehnte seines Lebens mit ihnen und veröffentlichte ein Buch über deren Bedeutung für den Ackerbau. In aufwändigen Tests stellte er auch deren Intelligenz auf die Probe – mit verblüffendem Ergebnis! Da diese nachts an die Oberfläche kommen und Blätter, Nadeln etc. in ihre Röhren befördern, probierte er aus, ob sie diese auf geplante Weise hineinziehen oder ob das eher zufällig abläuft. Er schnipselte über 300 kleine Dreiecke, und legte sich im Garten auf die Lauer: Kaum im Bau verschwunden, holte er die Papierchen wieder hervor und stellte fest, dass über 80 % der Würmer diese an der Spitze (also auf optimale Weise) hineingezogen hatten.
Mitunter kommt einen die enorme Fülle an Fakten vielleicht ein erschlagend vor. Unbestreitbar ist dies jedoch ein unterhaltsames Sachbuch, das Respekt vermittelt für die geheimen Landschaftsgärtner, die seit Millionen von Jahren bei der Gestaltung der Erde mitwirken.

 

Amy Stewart: Der Regenwurm ist immer der Gärtner (Ü: Eva Leipprand), Oekom-Verlag 2015, 256 S., 19,95 Euro.

 

Schnüss Stadtmagazin Bonn, Januar 2016

Überaus anziehend!

Endlich mal was über Frauen und Kleider, das nichts mit Vogue, Brigitte und Co. zu tun hat! Dieses Buch ist kein selbsternannter Styleguide, der uns erklären will, warum riesige Puckbrillen jetzt doch nicht mehr scheußlich sind und was wir im nächsten Sommer anziehen sollen. Statt der ewiggleichen von der Modeindustrie forcierten Frage »Was soll Frau anziehen?« widmet sich ›Frauen und ihre Kleider‹ viel mehr der interessanten Fragestellung, warum Frauen genau das tragen, was sie tragen: Die durchgelatschten Pantoffeln, den knallrote Angora-Pullover oder das zehnte paar schwarze Schuhe, das sich wenig von den vorherigen neun unterscheidet… Mehr als 500 bekannte und unbekannte Frauen haben Leanne Shapton, Sheila Heti und Heidi Julavits zu ihrer Garderobe, ihren Anziehritualen und ihren Lieblingsstücken und vielen Aspekten mehr zum Thema Kleidung befragt. Dabei gingen sie nicht nur der Frage nach, welchen Einfluss Mütter, Männer oder Freundinnen auf den Kleidergeschmack haben, sondern auch, welches (politische) Statement Frauen womöglich mit ihrem täglichen Outfit verbinden. Herausgekommen ist keine soziologische Abhandlung, sondern ein intelligentes (Quer-)Lesebuch voller lustiger, kluger und skurriler Essays, Gedichte, Umfragen, Interviews und Fotostrecken. Wunderschön gestaltet, lesenswert – kein Wunder, dass der Titel in den USA bereits ein Bestseller ist.  

 

Leanne Shapton + Sheila heti + Heidi Julavits: Frauen und Kleider. Was wir tragen, was wir sind, (Übers. Sophie Zeitz und Britt Somann): 24,99 Euro ISBN: 978-3100022424

 

Schnüss Stadtmagazin Bonn, Dezember 2015

Ungewohnt, aber lecker

Die peruanische Küche ist bei uns noch wenig bekannt. – Vielleicht, weil einige Zutaten nicht leicht zu beschaffen sind, so etwa die mehr als 1000 Kartoffelsorten, die man dort kultiviert. Oder auch, weil bestimmte Zutaten zwar greifbar, aber nicht ganz geheuer sind, so etwa Meerschweinchen. Wer aber einmal eines der köstlichen, aromatisch-scharfen Gerichte wie das beliebte Ceviche (Marinierter roher Fisch) oder Papa a la Huancaina (Kartoffeln in scharfer Soße) probiert hat, will mehr davon.
 

Die Sehnsucht nach peruanischen Köstlichkeiten kann man nun mit einem Kochbuch stillen, das – natürlich – Ceviche heißt. Es ist schon haptisch und optisch so schön, dass man es unbedingt haben möchte. Doch auch das Innenleben der Neuerscheinung aus dem Fackelträger-Verlag hält, was das Äußere verspricht. Martin Morales, in Peru geboren und als Kind nach London ausgewandert, vereint hier die Rezepte seiner Tanten mit moderner Restaurantküche. Außerdem reichert der Koch- und Musikfan die Rezepte mit Biografischem sowie Infos aus Geschichte und Kultur Perus an, sodass auch einiges vom Leben dort vermittelt wird. Neben diversen Ceviche-Variationen präsentiert er tolle Gemüse-, Fleisch und Fischgerichte und insbesondere die Süßspeisen überraschen durch Vielfalt und Raffinesse. Manches ist aufwändig, anderes besticht durch leichte Zubereitung. – Aber alles verspricht ungewohnte Genüsse, die man mit dem Nationalgetränk Pisco abrundet.

 

Martin Morales: Ceviche. Peruanische Küche, Fackelträge Verlag 2014, 256 S., 24,95 Euro

 

Schnüss Stadtmagazin Bonn, Dezember 2014

 

 

Für den Spaß

Glaubt man der Werbung und so manchem geschäftstüchtigen Arzt, kann man mit zahlreichen (teuren) Mittelchen, enormer Vorsicht beim Essen und Trinken und einem strengen Sport-Pensum hundert Jahre alt werden. Doch wollen wir überhaupt steinalte, aber miesepetrige Asketen sein?


Dieser Frage widmet sich Christian Guht in seinem neuen Buch. Ketzerisch nimmt er darin den heutigen Gesundheitswahn unter die Lupe und stellt seine Leser vor die Wahl: Wollen sie sich jeglichen Spaß an den großen und kleinen Sünden des Lebens vorenthalten - nur, um ihn noch länger nicht zu haben …? Doch Guht, selbst Mediziner, ist kein Apostel des Müßiggangs und der Ignoranz. Augenmaß heißt seine Devise - und darauf hören, was der eigene Körper will und braucht.
Angesichts der modernen Heilslehren mit ihren Versprechen, ewig jung, schön und fit zu bleiben, vergisst man allzu oft, dass es vollkommen normal ist, mit 70 nicht mehr körperlichen Höchstleistungen zu bringen, die man mit 20 mühelos geschafft hat. Es gilt, eigene Entscheidungen zu fällen, wie viel an Präventionsmedizin man gutheißt, welchen Sport man treiben will und was man tagtäglich zu sich nimmt.


Christian Guht: Wer länger lebt, wird auch nicht jünger. Fischer Taschenbuch. 9,99 €.


Neues Deutschland 22.5.2014

Mehr als Melisse

 

»Jede Krankheit ist heilbar - aber nicht jeder Patient«. Ob die Äbtissin Hildegard von Bingen, eine der berühmtesten Persönlichkeiten im Mittelalter, dies wirklich gesagt hat, sei dahingestellt. Gewiss ist aber, dass sie und die anderen Heilkundigen ihrer Zeit davon überzeugt waren, dass gegen jedes Leid ein Kraut gewachsen sei. So machte sich die Klosterheilkunde nicht nur das Wissen der Antike zunutze, deren Werke in ihren Bibliotheken ruhten, sondern sammelte in der Praxis wichtige Erkenntnisse im Einsatz von Heilkräutern.

 

Heute werden viele ihrer Methoden und Mittel als sanfte Medizin geschätzt, die eine Synthese zwischen altem Erfahrungswissen und neuen Erkenntnissen zu Inhaltsstoffen und Wirkweisen darstellt.

Einen umfassenden Überblick zum Thema bietet die aktuelle Neuerscheinung ›Das große Buch der Klosterheilkunde‹. Darin ist der aktuelle Kenntnisstand zum Vorbeugen, Behandeln und Heilen mit Hilfe der Klostermedizin versammelt. Neben mehr als 70 Porträts der wichtigsten Heilkräuter und -pflanzen liefert das umfangreiche Werk auch präzise Rezepturen, um die Pflanzenarznei erfolgreich selbst zu Hause anwenden zu können. Darüber hinaus findet sich ein lesenswerter Überblick zur Geschichte der Klostermedizin und ihrer wichtigsten Vertreter.

 

Kilian Saum, Bernhard Uehleke, Johannes Gottfried Mayer: Das große Buch der Klosterheilkunde. Neues Wissen über die Wirkung der Heilpflanzen. Vorbeugen, behandeln und heilen, Zabert Sandmann Verlag 2013, 344 S., geb., 19,95 €.

 

URL: http://www.neues-deutschland.de/artikel/818051.mehr-als-melisse.html

 

Neues Deuschland, 9.4.2013



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